Referenten:
Dr. med. Gwendolin Etzrodt-Walter
Fachärztin für Endokrinologie
Dr. med. Dagmar Brummer
Fachärztin für Neurologie/Psychiatrie/Psychotherapie
Dr. med. E. Henrik Spies
Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie
Adipositas, Teufelskreis von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter
Studien zufolge sind über 70 Prozent der Männer und 50 Prozent der Frauen übergewichtig. Adipositas, also krankhaftes Übergewicht, liegt bei jedem fünften Deutschen vor, Tendenz steigend. Auch im Kindes- und Jugendalter zeigt sich eine Zunahme der Erkrankung. Adipöse Kinder und Jugendliche leiden oft unter Selbstwertproblemen, Depressionen, Ängsten und Körperbeschwerden. Diese Symptome sind Folge der Erkrankung, führen jedoch auch zu Verhaltensweisen, welche die Adipositasentwicklung weiter begünstigen. Aufgrund dieses Teufelskreises bleibt die Erkrankung häufig im Erwachsenenalter bestehen. Daraus wiederum können Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen, Probleme im Muskel- und Skelettsystem, seelische Belastungen und – aktuellen Studienhinweisen zufolge – Krebserkrankungen resultieren. Die Daten verdeutlichen die Notwendigkeit einer möglichst frühzeitigen Behandlung. Im Rahmen der Veranstaltung berichten wir über Ursachen, Entstehung und Behandlungsformen der Adipositas.
Alltagsstress, Bewegungsmangel und ein Übermaß an Nahrungsmittelangeboten
Alltagsstress, Bewegungsmangel und ein Übermaß an Nahrungsmittelangeboten machen es sowohl Kindern als auch Erwachsenen schwer, ein gesundes Körpergewicht zu halten. Mit der sogenannten „Adipositas“, wie in der Fachsprache das krankhafte Übergewicht bezeichnet wird, beschäftigte sich am 13. September das Gesundheitsforum der Fachärztevereinigung „ulmmed“ im Stadthaus. Drei Ulmer Fachärzte berichteten ausführlich über Ursachen, Folgen und Behandlungsformen der Erkrankung.
Wann macht das Bäuchlein krank?
Den gelungenen Auftakt gab die Endokrinologin Dr. Gwendolin Etzrodt-Walter mit der Fragestellung, wann „das Bäuchlein“ aus Sicht der Experten krank mache. Dabei verdeutlichte sie, dass eine ausführliche ärztliche Befunderhebung in der Stoffwechselsprechstunde sowohl den Ausschluss krankhafter Ursachen für ein erhöhtes Körpergewicht und einen „Medikamentencheck“ als auch die Erfassung der Lebensumstände, Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten des Patienten enthalte. Am Beispiel der „Volkskrankheit Diabetes“ zeigte sie anschaulich, wie ein gesunder Stoffwechsel und auch eine gesunde Insulinproduktion im Zusammenhang mit dem Körpergewicht eines Menschen stehe.
Psychische Aspekte: Ursache oder Folge von Adipositas?
In einem spannenden Vortrag widmete sich Dr. Dagmar Brummer, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, der Frage, ob seelische Aspekte wie depressive Verstimmungen, eher Ursache oder Folge der Adipositas seien. Frau Dr. Brummer verdeutlichte, dass jeder dritte Patient mit krankhaftem Übergewicht unter dem sogenannten „Binge eating“ leide, das durch einen stark erhöhten Konsum von Nahrungsmitteln in kurzer Zeit, verbunden mit einem Gefühl des Kontrollverlustes gekennzeichnet sei. Anschließende Schuld- und Schamgefühle, eine zunehmende Isolation und die weitere erhöhte Nahrungsaufnahme würden nicht selten zu einem Teufelskreis führen, der ohne Unterstützung nur schwer zu unterbrechen sei. Wer den Weg aus diesem Teufelskreis suche, fände bei spezialisierten Ärzten und Psychotherapeuten sinnvolle Hilfe und Unterstützung.
Welchen Einfluss hat das Körpergewicht auf Gelenke und Knochenstruktur?
Praxisnah ging der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. Henrik Spies der Frage nach, welchen Einfluss das Körpergewicht auf Gelenke und Knochenstruktur habe. Dabei erläuterte er nicht ohne eine Prise Humor, was unter den Begriffen Unter-, Über- und Normalgewicht zu verstehen sei, um anschließend auf die Bedeutung des Körpergewichtes für orthopädische Erkrankungen, sowie für die Auswahl von Operationsmethoden und die Aussicht auf ein gelungenes OP-Ergebnis einzugehen. Festzustellen sei, dass orthopädische Krankheitsbilder wie Arthrose und auch OP-Komplikationen häufiger bei krankhaft übergewichtigen Patienten vorkämen als bei Menschen, die ihr Normalgewicht gut hielten. Andererseits sei man heute auf Menschen mit unterschiedlichem Körpergewicht gut vorbereitet und richte Op-Methoden und Materialauswahl unter anderem am Körpergewicht des Patienten aus. Ein gutes Op-Ergebnis sei auch bei krankhaft übergewichtigen Menschen zu erwarten, wenn die Op erst einmal gut gelungen sei.
10 000 Schritte pro Tag halten fit
Pünktlich zum Herbstbeginn motivierte Frau Dr. Etzrodt-Walter, Vorsitzende der Fachärztevereingung ulmmed und Moderatorin der Veranstaltung, das interessierte Publikum, die „goldene Jahreszeit“ zu nutzen, um wenigstens 10 000 Schritte am Tag zu gehen. Diese würden bereits reichen, um unseren Stoffwechsel und Bewegungsapparat ins Gleichgewicht zu bringen. „Das Zählen nicht vergessen!“ , so könnte mit einem Augenzwinkern das Credo dieser gelungenen Veranstaltung lauten.